Da lässt man den kleinen Wicht nur mal ein paar Sekunden aus den Augen und schon wird er zum Mundräuber. Diebesgut: Ein knackiger Apfel. Den wollte mein Mann eigentlich als Proviant mit zu unserer Wanderung nehmen und hatte ihn deshalb schon mal auf die Kommode im Flur gelegt. Das hatte Maxi allerdings genau beobachtet und kaum verschwand Papa im Kinderzimmer, stellte er sich auf und fischte so lange blind auf dem Schrank herum (er kann nämlich noch nicht über die Kante schauen), bis der Apfel zu Boden fiel. Zufrieden ließ er sich daneben plumpsen, griff das Obst mit beiden Händen und begann seine Beute abzunagen.
Und der Papa? Der staunte nicht schlecht, als er wieder aus dem Kinderzimmer kam und seinen Sohn fröhlich schmatzend am Boden sitzen sah. Sein Apfel hatte jetzt zwar deutliche Löcher in der Schale rundherum und es fehlten ein paar Mäusebissen, aber er teilt ja gern mit Maxi. Und neuerdings teilt Maxi auch hin und wieder gern mit uns...
Obwohl er ja nie gefüttert wurde, scheint es unserem Kleinen ein Bedürfnis zu sein, sich um die ausreichende Ernährung seiner Mitmenschen zu kümmern. Deshalb streckt er Jedem, der in seinem Umkreis sitzt begeistert etwas von seinem Essen hin. Da schleckt dann die Oma ein Stück Kürbis vom Finger oder der Papa eine Nudel und die Mama freut sich über ein Stückchen Butterbrot direkt aus der Kinderhand. Nur der nette Mann neben uns in der Tram-Bahn wollte einfach nicht von seinem Apfelschnitz beißen. Er hätte gerade schon gegessen und wäre satt, erklärte er dem Kleinen sichtlich belustigt. Vielleicht würde Maxi auch noch mehr Fütterungswillige außerhalb der Familie finden, wenn er nicht immer alles vorkauen oder zumindest mal testweise in den Mund stecken würde. Aber so wie die gute Hausfrau ihr Essen probiert, bevor sie es den Gästen serviert, so muss Maxi eben auch erstmal selbst das Angebot testen, bevor er es für die Allgemeinheit frei gibt. Logisch! Irgendwie scheint er bei seinen Fütterungsaktionen aber gar nicht wirklich damit zu rechnen, dass man seine Häppchen dann auch tatsächlich isst. Zumindest schaut er immer ganz verwundert, wenn die Leckerei dann plötzlich weg ist. Vielleicht hätte er es lieber, wenn wir auch nur einmal Probelutschen würden, so wie er?! Naja, er wird die Sache mit Ursache und Wirkung schon noch verstehen. Vielleicht hat er das auch schon ein bisschen. Denn seinen heiß geliebten Käse würde er niemals Jemand anderem hin halten.
Und während er also seine kognitiven Übungen selbst initiiert, üben wir weiterhin ein oder zwei Mal pro Woche die Feinmotorik mit der Gabel. Letzte Woche hatte ich ja bereits so etwas angerissen. Inzwischen trainieren wir das Aufpieksen. Bisher bekam er ja immer einen vorbefüllten Löffel oder eine bestückte Gabel hingelegt oder angereicht und musste diese nur zum Mund führen. Da das aber inzwischen wie im Schlaf klappt, starten wir den Prozess nun etwas eher. Dazu bekommt Maxi eine leere Gabel in die Hand und lauter kleine Stückchen auf sein Tablett oder seinen Teller. Dann führen wir seine Hand und pieksen gemeinsam mit ihm etwas auf. Wie es danach weitergeht, weiß der kleine Mann ja schon und macht es alleine. Nach dem Herunterschlucken freut er sich dann immer ausgelassen, erhebt sich aus seinem Sitz, reißt die Arme nach oben (mit Gabel), jauchzt und bejubelt sich selbst. Nach 2 Sekunden Turbo-Jubel lässt er sich zurück in den Stuhl fallen und sammelt wieder Konzentration für den nächsten Anlauf. Reagieren wir dann nicht schnell genug klopft er schon mal ungeduldig mit der Gabel auf dem Teller rum. Vielleicht sind das auch erste Ansätze, damit er bald auch das Aufpieksen selber übernehmen kann. Da bin ich unschlüssig in der Interpretation.
Natürlich kann ich es eigentlich kaum erwarten bis Maxi ganz allein und ordentlich mit Löffel und Gabel essen kann, denn ich verspreche mir davon noch mal einen weiteren großen Fortschritt bezüglich Kleckerei. Aber es ist wie so oft bei den Kleinen: Man hat schon wieder so fest das nächste Ziel im Visier, dass man darüber vergisst den Status quo wertzuschätzen. Und der ist momentan wirklich super. Seit Ende der Elternzeit meines Mannes - also kurz vor Maxis erstem Geburtstag - wurde der Zwerg wieder etwas ruhiger und ausgeglichener. Er bleibt wieder besser in seinem Stuhl sitzen, wirft weniger herunter und isst immer mehr Lebensmittel absolut ordentlich. Man darf ihm nur nicht zu viel auf einmal hinlegen. Er lässt sich jetzt sogar wieder wickeln (wenn man schnell ist), ohne dass man zwei bis vier extra Hände braucht, die ihn daran hindern vom Wickeltisch zu springen, alles abzuräumen oder beherzt in die volle Windel zu greifen. Ihr wisst, was ich meine...?!
Aber (Achtung: unappetitlicher Themenwechsel!) zurück zum Essen. Da haben wir erst am Wochenende wieder einige Leute beeindruckt, als wir mit ihm in einem schicken Hotel-Restaurant am Ammersee dinierten. Maxi saß brav in seinem Ikea-Stühlchen und probierte sich einmal quer durch alle Gerichte, die Oma, Opa, Papa und Mama so bestellt hatten. Jetzt, da er die 12 Monate voll gemacht hat, ist so etwas deutlich einfacher geworden, da die Salzmenge nicht mehr ganz so entscheidend ist. Er kann also wirklich fast alles probieren. Zu zweierlei Fisch, Kalbsschnitzel und Bratkartoffeln, die er also von uns räubern konnte, bestellten wir ihm nur noch eine kleine Portion Gemüsebeilage extra. Und mit der Variation aus 3erlei Karotten und Zuckerschoten war unser kleiner Gourmet genauso zufrieden wie mit Steinbutt und Saibling. Eine Geschäftsreisende vom Nachbartisch bot Maxi dann sogar noch etwas von ihrem Brotkorb an und der bediente sich selbstverständlich gleich. Sie erzählte uns, dass ihr Sohn 3 Jahre alt wäre und so gut wie gar nichts essen würde. Und dass sie sich deshalb immer sehr freut, wenn sie Kinder sieht, die so viel Freude beim Essen haben... Bleibt für uns nur zu hoffen, dass Maxi so ein enthusiastischer Esser bleibt und nicht mit fortschreitendem Alter doch noch seine mäkelige Seite entdeckt.
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